Fischer-Z: Neues Album „PUNKT!“ erscheint am 19. September 2025
- Daniela Herbig
- 18. September 2025
John Watts ist hellauf begeistert von seinem Projekt PUNKT! „Für mich markiert PUNKT! das Ende von etwas, vom alten Konzept, Dinge zu tun.“ Damit meint Watts einerseits das Musikgeschäft selbst, das heute von neuen Voraussetzungen in Bezug auf die Art und Weise, wie Produkte entdeckt und konsumiert werden, angetrieben ist, andererseits sein persönliches kreatives Vorgehen. Seit fast 50 Jahren macht John Watts die Dinge auf seine ganz eigene Art. Von den New-Wave- und Post-Punk-Anfängen der Band Fischer-Z im Jahr 1977 über ihren Durchbruch in Europa und Australien bis hin zu vielen fruchtbaren Solojahren, in denen er den Globus bereiste, konnte er eine selbstbestimmte Karriere genießen, die Punk, Poesie, Politik, bildende Kunst und vieles mehr umfasst. Watts hat sich eine treue Fangemeinde geschaffen, die auf seine hochoktanige, direkte und facettenreiche Art, Menschen zu unterhalten, anspricht. Das wird sich nicht ändern, sein kreativer Ansatz jedoch hat dies bereits getan.
„Künstlerisch hatte ich immer die volle Kontrolle“, sagt er. „Nur so konnte es funktionieren. Aber PUNKT! war meine erste echte kreative Kollaboration seit meinen frühen Tagen in einer Band. Und ich habe es sehr genossen. So möchte ich von nun an arbeiten: Talente bündeln, um etwas zu schaffen, das keiner von uns erwartet. Es ist an der Zeit, mentale Beschränkungen abzustreifen, sich aufzufächern und neue Türen zu öffnen.“ PUNKT! wurde mit dem Produzenten Tony McAnaney geschrieben und aufgenommen, einem Geordie-Veteranen von der Ostküste Englands, der geschickt mit der Zeit gegangen ist und sich beim Aufnehmen von Ultra-Pop oder EDM genauso wohlfühlt wie bei der Arbeit mit Jimmy Nail.
John ist eher zerstreut, Tony ist methodisch, John ist extravagant, Tony ist maßvoll; der eine will es sofort, der andere lässt sich Zeit. Sowas könnte unangenehm werden, aber in Wirklichkeit ergänzen die beiden sich perfekt. Fast. „Wir können nicht zusammen die Straße entlang gehen, ich renne voraus, er hinkt hinterher“, lacht Watts. „Aber die musikalische Affinität ist groß. Er kann sehr kritisch gegenüber dem sein, was ich mache, aber ich respektiere seine Meinung sehr, und die Ideen auf diese Weise in Frage zu stellen, mehr zu schneiden und umzuschreiben, als ich es normalerweise tun würde, hat diese Platte viel stärker gemacht. Ich bin wirklich glücklich damit.“ PUNKT! ist Watts' 26. Album und markiert den Startschuss für das zweite Jahr seines Fünfjahresplans, laut dem er seinen Namen in Gegenden wiederbeleben will, die ihn weitgehend vergessen haben. „Die Frage, die mir hier in Großbritannien am häufigsten gestellt wird, wenn ich eine Show spiele oder mit jemandem aus der Branche spreche, lautet: ‚Warum habe ich noch nie von dir gehört?‘ Und das will ich in den kommenden Jahren ändern.“ In Europa gelten Fischer-Z als eine der erfolgreichsten und relevantesten britischen Post-Punk-Bands, die neben Bands wie Depeche Mode oder The Cure respektiert werden. Bei Konzerten in Deutschland, den Niederlanden oder Belgien singt eine große, enthusiastische Menge zahlreiche Hits mit, während sie in Großbritannien nach wie vor Kultstatus genießen und das Publikum von angereisten Ausländern durchzogen ist, die ihr Glück nicht fassen können, die Band in solch intimen Räumlichkeiten zu sehen.
Watts (geboren in Berkshire, aufgewachsen in Bracknell und wohnhaft in Brighton), die einzige Konstante von Fischer-Z seit den Anfängen, gibt zu, dass er in seinem Heimatland vielleicht keinen guten Start erwischt hat. In seinem allerersten veröffentlichten Interview für die längst verstorbene Musikzeitschrift Sounds antwortete er auf die Frage, wie er seine Band beschreiben würde: „Pseudo-Intellektuelle der Mittelklasse“. Das brachte ihm den Ruf eines Klugscheißers ein. Und er fragt sich heute, ob es von da an bergab ging...
Die frühen Platten der Band, die bei United Artists erschienen – Word Salad, Going Deaf For A Living und Red Skies Over Paradise – wurden begeistert aufgenommen, verkauften sich in steigenden Stückzahlen und wurden von Leuten wie John Peel und Anne Nightingale angepriesen. Fischer-Z befanden sich damit in einer Reihe mit ihren Zeitgenossen Elvis Costello, XTC und Talking Heads und gewannen eine Fangemeinde, die ein Kentish Town Forum oder Manchester International ausverkaufen konnte. „Ich habe Fischer-Z immer als Art Punks gesehen. Als Kind interessierte ich mich mehr für Politik als für Musik als Hobby, da steckte all mein Wissen drin. Ich wusste nicht, wer die Platten produzierte, die ich mochte, oder die Namen aller Musiker. Als ich begann, mich für Musik zu interessieren, stand ich am Anfang auf der anderen Seite der ganzen Geschichte. Und da bin ich geblieben!“ Watts und seine Crew waren schwer zu greifen. Er wollte sich nicht auf den insgeheimen Vertrag einlassen, der zwischen Interpreten und Gatekeepern geschlossen wurde, und litt darunter. In Europa jedoch reagierten sowohl die Medien als auch die Fans auf Watts' Offenheit und die Intensität, mit der Fischer-Z auftrat. Watts forderte ein unentschlossenes Publikum heraus und gewann es für sich, auch wenn das bedeutete, eine Show blutig und mit blauen Flecken zu beenden.
Watts wurde vor kurzem mit ADHS diagnostiziert und kann nun erkennen, wie dies sein Nichtverstehen des Musikgeschäfts und seinen Auftrittsstil geprägt haben könnte. „Ich nehme die Dinge für bare Münze. Ich sage den Leuten genau, was ich denke. Ich beschönige nichts. Das war für den Post-Punk sinnvoll. Ich wurde dazu getrieben, über Politik und soziale Unruhe zu schreiben.“ Er wurde beschrieben als „eine Art Bruce Bragg, ein politisch scharfsinniger Arbeiterpoet“ oder „Bob Dylan, wenn er mit Captain Beefheart und George Formby aufgewachsen wäre“, mit anderen Worten: ein Mann aus dem Volk und gleichzeitig ein engagierter Außenseiter. Das ist ein Grund, warum seine Karriere so ungewöhnlich ist. PUNKT! bringt diese und andere Qualitäten in eine lebendige Version der Gegenwart, mit Highlights wie dem anarchischen Steam-Punk des Titeltracks, dem geisterhaften Motown-Puls von When Love Goes Wrong und dem bewegenden Storytelling von The Conclusion, alles gefiltert durch Breitwandproduktionen, die vor Details und Erfindungsreichtum nur so strotzen und sowohl in einem Club als auch auf einer Konzertbühne funktionieren könnten.
VÖ: 19.09.2025
Label: So Real
Quelle: So Real
Fotos: So Real / Thorsten Samesch / ToddeVision
Text: So Real